BWRH-Mitglied vor Gericht – Verhandlungstag Sechzehn

Hallo Hansafans,

am 20.10.2015 wurde der Prozess gegen unser Mitglied fortgesetzt.

Auch hier wurden u.a. wieder drei Polizeibeamte geladen. Zwei der jungen Beamten waren beim Spiel gegen Dynamo Dresden in jener Hundertschaft, der auch der Beamte H. angehörte. Dieser ist im laufenden Verfahren als Nebenkläger zugelassen.

Die Vernehmung begann jedoch mit einem 27-jährigen Beamten aus Rheinland-Pfalz. Dieser ging in seiner Aussage davon aus, dass es mehrere Werfer gegeben habe. Den Schaden an der von ihm geführten und beschädigten Kamera bezifferte der Zeuge auf ca. 1.200 €.

Die beiden Beamten der Rostocker Hundertschaft berichteten sodann zunächst aus ihren Erinnerungen vom Geschehen im Stadion, um dieses dann anschließend beim Abspielen verschiedener Videos zu untermauern. Augenmerk wurde von allen Beteiligten auf die Aussagen im Hinblick auf die Situation des vermeintlichen Treffers des Beamten H. gelegt. Hierbei wurde von beiden Zeugen weitestgehend übereinstimmend ausgesagt, dass Herr H., welcher sich am unteren Ende des Treppenaufgangs zu den A-Blöcken befand, durch die Wucht des Treffers seinen Stand verlor und mit dem Rücken auf die Treppe fiel. Dort blieb er zunächst kurze Zeit liegen, bevor ein Beamter ihm aufhalf und zur Eigensicherung unter der Treppe positionierte. Als die Lage dies erlaubte, sei H. umgehend zum Arzt gebracht worden.

Der erste der beiden Beamten will eine identische Person erkannt haben, die zunächst Steine warf und später welche aufgenommen habe. Er berichtete davon „richtig Angst“ gehabt zu haben und äußerte in dramatischen Beschreibungen seine Erleichterung darüber, „Gott sei Dank, habe es seinen Kollegen getroffen“. Den Wurf, der den geschädigten H. getroffen haben soll, habe der Beamte jedoch nicht gesehen; lediglich wie H. mit dem Rücken auf die Treppe fiel. Den Täter habe er höchstens schemenhaft erkennen können; gleichzeitig wurde er aber als nicht besonders klein, „mindestens 1,77 m“ beschrieben. Respekt für das Erkennen einer zentimetergenauen Mindestgröße bei einer schemenhaften Wahrnehmung…

Als die Verteidigung den Zeugen befragte, stellte sich heraus, dass der Zeuge weiteres Videomaterial gesehen hatte, welches dem Angeklagten und seiner Verteidigung jedoch bisher nicht zur Verfügung gestellt wurde. Das Gericht war am heutigen Tag wiederholt nicht dazu bereit, der Verteidigung vollumfänglichen Einblick in das vorhandene Videomaterial zu gewähren. Wie wir bereits berichteten, weigert sich das Gericht bereits seit Beginn des Verfahrens, dem Angeklagten sämtliches Videomaterial zur Verfügung zu stellen, obwohl ein faires Verfahren dies unter normalen Umständen absolut gebietet. Ein solcher Antrag wurde bereits einmal durch die Kammer abgewiesen. Diese Sache bleibt also spannend und das letzte Wort ist hierzu (oder in Karlsruhe) noch nicht gesprochen. Zum Verhalten des Geschädigten seit den vermeintlichen Treffern gab der Beamte an, dass dieser sensibler geworden sei. Konkrete Angaben zu Art und Umfang der truppeninternen Nachbearbeitung des Einsatzes konnten die Beamten nicht geben.

Anschließend wurde sein 31-jähriger Kollege B. als Zeuge vernommen. Dieser gab an, dass an dem Spieltag „sehr viele vermummte Personen“ im Stadion gewesen waren. Das die Taten also von nur einem Täter begangen worden waren, erscheint nach dem 16. Verhandlungstag erneut unwahrscheinlicher. Da auch bei diesem Zeugen das ca. 30-minütige Videomaterial vorgespielt wurde, drängt sich bei den Beobachtern zunehmend der Eindruck auf, dass der Einsatz dieser Einheit völlig konfus war und auch kein erkennbares Ziel verfolgte. War die Sicherung des Rolltores zum Gästebereich polizeilich geboten, ist mit dem Moment der Sicherung dieses Tores keine Gefahrenabwehr mehr erkennbar. Vielmehr verwundert es, dass die gleiche Einheit innerhalb kurzer Zeit sowohl im Innenbereich, als auch im Umlauf des Stadions eingesetzt war und dabei den oder die Täter beobachtet hatte und zudem geschädigt worden ist. Dieser Eindruck wird dadurch unterstrichen, dass der Nebenklägervertreter die gesicherten Steine wiederholt als „fliegende Brote“ bezeichnet. Der Zeuge hatte zuvor die Größe der Steine mit einem „halben Brot“ verglichen. Ob solche unsachlichen Vergleiche seinem Mandanten nützen oder doch eher auf eine gewisse Lächerlichkeit der vorliegenden Nebenklage hindeuten, bleibt dem Beobachter selbst überlassen.

Jedenfalls reiht sich der Anwalt damit in die obskuren Verhaltensweisen im Saal ein, denn auch dem Vorsitzenden Richter war es erneut nicht gelungen, eine gewisse Ruhe, Unabhängigkeit und Gelassenheit über einen gesamten Verhandlungstag auszustrahlen. Nachdem der Zeuge entlassen wurde, wollte die Verteidigung der Vernehmung der beiden ebenfalls geladenen und wartenden Zeugen wie weiter unten beschrieben, widersprechen, als der Vorsitzende Richter einen der Verteidiger anschrie, er habe Hunger und man treffe sich in 45 Minuten wieder. Das Bild des Lehrer Hämpels von Willhelm Busch glaubte man in den Gedenkenblasen über vielen Köpfen im Saal zu erkennen.

Da unbestritten der Vorsitzende im Saal das letzte Wort hat, traf man sich sodann nach dem Mittagessen, damit die Verteidigung nun der Vernehmung weiterer Zeugen an diesem Tage widersprechen konnte. Es wurde erneut eine halbe Stunde unterbrochen, um dann – wie von der Verteidigung vor dem Mittag angedeutet – festzustellen, dass an diesem Tag keine weiteren Zeugen gehört werden könnten. Begründet hatte die Verteidigung ihren Widerspruch wie folgt: die beiden geladenen Zeugen sollten anhand der Videoaufzeichnungen des laufenden Täters bekunden, ob dies der Angeklagte sei. Dies ist jedoch prozessrechtlich nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. In Anlehnung an die sogenannte Wahlbildvorlage beantragte die Verteidigung, es müssen den Zeugen mehrere und dem Grunde nach gleiche Videoaufnahmen mit verschieden Personen gezeigt werden. Nur wenn unter mehreren Personen einer der Täter ist, lässt sich prozessrechtlich die Aussage verwerten. Unbestritten rechtswidrig ist es, Zeugen nur ein Bild – beziehungsweise eine laufende Person – zu zeigen. Die Besonderheit in dem vorliegenden Fall liegt darin, dass bisher noch kein Verfahren bekannt ist, in dem das Wahlbildvorlage-Verfahren auch bei Videos angewendet wurde. Dies liegt daran, dass es technisch bisher nicht möglich war, Videos nach Vorlage eines Originals mit verschiedenen Personen vorzulegen. Die Verteidigung führte jedoch technich-wissenschaftliche Aufsätze an, nach denen ein solches Verfahren auch bei Videoaufzeichnungen möglich sei. Eine Entscheidung des Gerichts zu diesem Antrag wird in den nächsten Verhandlungstagen erwartet. Um mit den Worten eines der Verteidiger diesen Prozesstag zu beenden: „Hier wird Rechtsgeschichte geschrieben“.

Der nächste Verhandlungstag beginnt am 5.11.2015 ab 9 Uhr im Gebäude des Landgerichts Rostock in der August-Bebel-Straße.

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