BWRH-Mitglied vor Gericht – Verhandlungstag 23

Hallo Hansafans,

am Dienstag, den 02.02. 2016 sollte nun zum ersten Mal nach Aufhebung der Untersuchungshaft in der Strafsache gegen unser Mitglied verhandelt werden. Ein zweites morphologisches Gutachten zu einigen Bildern aus dem Fundus der polizeilichen Videoaufzeichnungen vom Hansa-Spiel gegen RB Leipzig im April 2014 sollte vorgetragen werden. Aus diesem Grund war eine Gutachterin aus Freiburg als Sachverständige geladen. Weitere Zeugen wurden an diesem Verhandlungstag nicht gehört.

Das Gutachten aus Freiburg sollte mithilfe wissenschaftlicher Methoden Wahrscheinlichkeitsaussagen über die Identität des Angeklagten mit einigen Personen auf den Videoaufzeichnungen der Polizei zulassen. Als Fazit der Vernehmung ergab der detailgenaue Vortrag der Sachverständigen, dass nur ein Teil der Aufnahmen auswertbar war. Auf all diesen Bildern sei eine Identität des Angeklagten mit den Personen aus den Videos nicht auszuschließen. Auf Nachfrage der Verteidigung erläuterte die Sachverständige den Aussagewert ihrer Ergebnisse für das Verfahren. Alle auswertbaren Bilder ergaben lediglich die niedrigste aller Wahrscheinlichkeitskategorien. Innerhalb dieser Kategorie unterschied die Sachverständige noch einmal zwischen mittel- und niedrig wahrscheinlich. Sie ergänzte, dass mindestens 20-30 % der männlichen Bevölkerung genauso viele Übereinstimmungen mit den gesuchten Personen auf den Videobändern der Polizei hätten, wie der Angeklagte.

Das wenig aussagekräftige Gutachten wurde auf allen Seiten recht desinteressiert zur Kenntnis genommen. Im Anschluss daran stellte die Verteidigung einige Anträge. Zum Ersten wurde beantragt, den Polizeiwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Feltes als Sachverständigen zu laden. Er soll mithilfe seiner Expertise durch seine langjährigen Forschungen zum Verhältnis von Polizei und Fußballfans Aussagen über die gruppendynamischen Prozesse innerhalb von Fangruppen an Spieltagen sowie einiges zum Thema Korpsgeist und Einsatztaktik bei der Polizei sagen.

Als Zweites wurde beantragt, einen ehemaligen Mithäftling des Angeklagten zu laden. Er soll bestätigen, dass der Belastungszeuge C. die Akte des Angeklagten vor seiner Aussage in diesem Verfahren gelesen hat und demzufolge vor Gericht die Unwahrheit gesagt hat, so die Verteidigung.

Auf denselben Zeugen bezog sich auch der dritte Antrag der Verteidigung. Ein Mitarbeiter des Norddeutschen Rundfunks soll bestätigen, dass es den Fernsehbericht des NDR, auf den sich der Zeuge C. in seiner Aussage bezogen hatte, am fraglichen Tag nicht gegeben hat. Aus diesem Grund habe C. ein zweites Mal innerhalb seiner Aussage in dieser Hauptverhandlung nachweislich gelogen.

Wir sind gespannt, wie sich die Kammer zu den Anträgen der Verteidigung verhalten wird. Bleibt sie ihrer Linie treu, lässt sie sich nicht darin beirren, dem Zeugen C. trotz der nun anscheinend nachweisbaren Lügen auch innerhalb dieses Verfahrens, Glauben zu schenken. So könnte die Kammer eine Ablehnung dieses Antrags damit begründen, dass C. trotz der nachgewiesenen Lügen bei seiner Aussage, an den Stellen, bei denen es um die Täterschaft des Angeklagten ging, die Wahrheit gesagt haben kann. Dem Laien wellen sich unweigerlich die Fußnägel hoch. Nach allen Absurditäten innerhalb dieses Verfahrens, würde uns diese Argumentation allerdings keineswegs überraschen.

Nach einer etwa einstündigen Pause verlas der Vorsitzende Richter die Ablehnungsbegründung eines Beweisantrags der Verteidigung aus dem Dezember 2015. Zur Erinnerung: Die Verteidigung beantragte die Würdigung von digitalen Polizeiprotokollen in der Beweisaufnahme, in denen mehrere vermummte Personen beim Ausgraben von Steinen innerhalb des Stadiongeländes nachweislich dokumentiert seien. So wollte sie die Ein-Täter-Theorie von Staatsanwaltschaft und Kammer in Zweifel ziehen. Der Antrag wurde mit einer bereits vielfach vorgetragen Begründung abgelehnt: Selbst wenn in den Protokollen mehrere Personen dokumentiert seien, die Steine ausgruben, bedeute dies nicht, dass nicht auch der Angeklagte einer dieser Personen sein könnte. Darüber hinaus könnten die Steine genauso gut durch die ausgrabenden Personen an den Angeklagten weiter gegeben worden sein. Wodurch der Angeklagte weiterhin als Täter aller ihm vorgeworfenen Taten in Frage käme. Selbst dem Laien blieb hier nicht verborgen, dass einmal mehr eine mögliche Täterschaft des Angeklagten dazu herhalten muss, einen potenziell entlastenden Beweisantrag abzulehnen. Dass in diesem Verfahren die Unschuldsvermutung konsequent durch Umkehrung der Beweislast außer Kraft gesetzt wird, haben wir bereits einige Male erwähnt.

Kurz vor Ende der Verhandlung stellte die Staatsanwaltschaft ihrerseits einen weiteren Beweisantrag. Demnach sei die szeneintern kursierende DVD „Blau-Weiß-Rot“ als Beweismittel zu würdigen. Eine der fraglichen Steinwurfszenen sei im Film aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Das nächste Mal wird am 23.02.2016 ab 10.30 Uhr beim Landgericht am Neuen Markt verhandelt.

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