BWRH-Mitglied vor Gericht – Verhandlungstag Neun

Moin Hansafans,

am Fr. den 07.08.2015 gegen 13 Uhr, folgte der mittlerweile neunte Verhandlungstag gegen unser Mitglied. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Kammer ihren Beschluss über den Beweisantrag der Verteidigung zur Einsichtnahme in das gesamte, den Ermittlungsbehörden zur Verfügung stehende Videomaterial verkünden sollte.

Dazu kam es jedoch nicht. Wie die Verteidigung nämlich erst am Vormittag erfuhr, hatte das Gericht für diesen Sitzungstag einen Zeugen neu geladen, welcher eigentlich schon zum vorherigen Verhandlungstag geladen war. Aus Zeitgründen konnte die Vernehmung damals jedoch nicht mehr durchgeführt werden. Einen bitteren Beigeschmack kam jedoch dem Umstand zu, dass, neben der mehr als kurzfristigen Ladung, der Kammer bekannt war, dass der Wahlverteidiger des Angeklagten zum heutigen Termin abwesend sein würde. Auch wenn die Kammer hier rechtlich zulässig gehandelt hat, ist dieser Umgang mit der Verteidigung schon mehr als fragwürdig und ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens drängt sich durchaus auf, wenn die Vernehmung eines Hauptbelastungszeugen bewusst in Abwesenheit des Wahlverteidigers des Angeklagten stattfindet. Trotz allem tat der Vorsitzende die berechtigte Kritik des zweiten Verteidigers bezüglich der genannten Umstände unwirsch ab, wobei er sich ein selbstzufrieden anmutendes Grinsen dabei nicht verkneifen konnte.

Sodann wurde der kurzfristig geladene Zeuge hereingebeten. Hierbei handelte es sich um einen 45 jährigen Polizeibeamten, welcher nach eigener Auskunft seit 1995, mit Unterbrechungen, als sogenannter Szenekundiger Beamte (SKB) tätig gewesen ist. Nachdem er zu Protokoll gab, dieser Tätigkeit aus „privaten und persönlichen, aber auch dienstlichen Gründen und dienstlichen Zwängen“ nicht mehr nachzugehen, schilderte er auf Nachfrage kurz die grundsätzliche Tätigkeit eines SKB und schemenhaft seine Wahrnehmung der Rostocker Fanszene. Zwischendurch fiel der Vorsitzende mit reichlich unvorbereitet wirkenden Fragen wie „Kennen Sie den FC. Hansa Rostock e.V.“ auf. Auf Nachfrage des Vorsitzenden gab der Zeuge dann an, dass er den Angeklagten in dieser Zeit maximal ein bis zwei Mal persönlich gesehen haben will und ihn nicht zu den einschlägig bekannten Personen der Fanszene zählen würde. Auch erzählte er, dass der Angeklagte, laut interner Unterlagen, im Jahre 2009 einmal in einem Fanbus zum Auswärtsspiel in Osnabrück festgestellt wurde, ihm dies jedoch nicht persönlich aufgefallen sei.  Als generelles Ziel seiner SKB Tätigkeit gab der Zeuge dann weiter an, dass die Herstellung einer Gesprächsbereitschaft im Fokus seiner Arbeit gestanden habe. Was genau man sich darunter vorstellen kann, vermochte er jedoch nicht zu schildern. Jedoch erwähnte er, dass es schon mal vorgekommen sei, dass „einzelne Personen durchaus mal vorbeikamen, wenn es ein Problem gab“.

Im Anschluss wurde eine ihm bereits aus dem Ermittlungsverfahren bekannte Videosequenz abgespielt. Hier identifizierte er dann drei ihm bekannte Personen, welche sich vor Spielbeginn auf dem Stadionvorplatz aufhielten. Unter anderem will er darunter auch den Angeklagten erkannt haben. Auf Nachfragen der Staatsanwaltschaft schilderte der Zeuge dann, dass seit ein paar Jahren eine Radikalisierung und Professionalisierung der Fanszene zu beobachten sei. Dabei sei das Wissen um die Möglichkeiten der Verschleierung der Identität stetig gewachsen und die Szene habe scheinbar auch „aus anderen Bereichen der Gesellschaft“ dahingehend dazu gelernt. Etwas merkwürdig mutete dabei die Aussage an, dass einige Personen auf Grund vorangegangener Ermittlungen nun „hoffentlich“ dazu gelernt haben, was eine wirkungsvolle Vermummung angehe. Sodann wollte die Staatsanwaltschaft noch wissen, ob es auf der Südtribüne, der Heimtribüne der aktiven Hansafans, eine Einteilung in politische Lager gebe. Dies wusste der Zeuge zu verneinen und betonte, dass er keine politische Ausrichtung der Szene erkennen würde und eine solche wohl auch bewusst abgelehnt werde. Zur Begründung führte er an, dass ja bekannt sei, dass man noch „näher beäugt würde, wenn man sich in Deutschland politisch äußere“. Auf die Frage des Verteidigers, bezogen auf den Angeklagten, gab er dann noch mal an, dass er diesen an Spieltagen nicht bewusst wahrgenommen habe. Auf weitere Nachfrage, ob er seine Informationen bzgl. des Angeklagten dann seiner „SKB Datenbanken“ entnehmen würde, oder ob der Verteidiger sich dies falsch vorstelle, entgegnete er nur mit einem perplexen „Ja“. Bezogen auf den angesprochenen Umstand einer angeblichen Professionalisierung der Szene und ob es denn Beispiele dafür gebe, konnte der Zeuge lediglich ein Spiel anführen, bei dem auf einem Fanmarsch mehrerer hundert Personen, vereinzelte Personen schwarze Socken über ihre Schuhe gezogen haben sollen. Auch sollen in diesem Zusammenhang „Socken festgestellt“ worden sein, die mitgeführt wurden. Auf die Frage hin, ob es hinsichtlich des Angeklagten weitere Erkenntnisse oder Einordnungen als „Problemfan“ gebe, verneinte der Zeuge und betonte, dass überdies nur er selber ihn identifiziert habe.

Damit wurde die Vernehmung dann auch beendet und auch der Verhandlungstag fand somit relativ frühzeitig sein Ende. Auch heute wurde der Gerichtssaal wieder unnötigerweise von mehreren Polizisten „abgesichert“ und die Personalien der erneut zahlreichen Zuschauer im Vorfeld kopiert.

Der nächste Verhandlungstag findet am 27.08.2015 gegen 09:30 Uhr statt.

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