Kommentar zur seit Jahresbeginn in M-V eingeführten Kennzeichnungspflicht

Moin Hansafans,

bereits seit unserer Gründung forderten wir die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Wir schafften es mit unseren wiederholten Forderungen sogar in die Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei MV.

GDP-Artikel

blau-weiss-rote-hilfe.de: Pro Kennzeichnungspflicht
blau-weiss-rote-hilfe.de: Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte: Neues aus Absurdistan
blau-weiss-rote-hilfe.de: Kennzeichnungspflicht für Polizisten endlich auch in Mecklenburg-Vorpommern
dokumentation.landtag-mv.de: Anfrage zur „Kennzeichnung in geschlossenen Einheiten“

Zum 01.01.2018 setzte die Landesregierung ihre im Koalitionsvertrag festgeschriebene Absicht um und erließ eine Verwaltungsvorschrift, die die Kennzeichnung von Beamtinnen und Beamten bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten der Landespolizei bestimmt und regelt.

Absurdes trug sich im Anschluss in den sogenannten „sozialen Netzwerken“ zu. Allen voran die GdP MV verweigerte sich einer ernsthaften Diskussion und war und ist schier unfähig, zu erkennen, welche Vorteile eine Kennzeichnungspflicht für die gesamte Polizei mit sich bringt. Immer wieder wurde das Bild eines unfehlbaren Menschen in Uniform gezeichnet, dessen Persönlichkeitsrechte angegriffen würden. Und noch einmal: niemand verlangt(e), dass die Beamten durch die Kennzeichnung für jeden Bürger identifizierbar werden. Es ging und geht darum, Beamte gegebenenfalls identifizieren zu können, wenn diese im Einsatz nach Ansicht von Betroffenen Fehlverhalten an den Tag legen/gelegt haben. Die möglichen Feststellungen, ob es sich dann tatsächlich um Verfehlungen gehandelt haben könnte, wurden nicht selten bereits im Vorfeld abgewiesen, da mögliche konkrete Täter im Amt eben nicht zugeordnet werden konnten.

Zum ersten Heimspiel im Jahre 2018 gegen Rot Weiß Erfurt waren wir entsprechend gespannt, wie die Verwaltungsvorschrift in die Praxis umgesetzt wird. Schon weit vor Anpfiff konnten wir jedoch feststellen, dass viele Beamte der ablehnenden Haltung ihrer Gewerkschaft folgten und keine Kennzeichnung an ihrer Bekleidung führten. Einige Beamte entgegneten auf Nachfrage, dass sie grundsätzlich keine Kennzeichnungen tragen. Für uns war es seinerzeit ein deutliches Zeichen, dass diese Beamten wenig Achtung vor ihren Vorgesetzten, der gewählten Regierung und somit vor dem Rechtsstaat haben. Getreu dem Motto, „gebt mir eine Uniform – und ich mache, was ich für richtig halte!“.

Die mangelnde praktische Umsetzung der Kennzeichnungspflicht erfuhr somit in der Folge öffentliche Beachtung. Der NDR berichtete über unser Heimspiel und weitere Demonstrationen in Rostock.

Im Landtag wurde erneut eine kleine Anfrage gestellt und beantwortet: Umsetzung der Kennzeichnungspflicht

Zum folgenden Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg sind Mitglieder der Blau-Weiß-Roten Hilfe in kleinen Recherchetrupps erneut weit vor Anpfiff im Stadtgebiet unterwegs gewesen, um weiteres polizeiliches Fehlverhalten hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht zu dokumentieren. Es wurde schnell deutlich, dass fast alle im Einsatz befindlichen und für uns sichtbaren Einheiten der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern eine individuelle Kennzeichnungsnummer im Brustbereich ihrer Jacke führten. Einzelne Beamte verdeckten diese Nummer allerdings noch mit Einsatzhandschuhen oder Funkgeräten. Andere Beamte suchten hingegen sofort Deckung hinter Kollegen oder Einsatzfahrzeugen, um die Kontrolle fehlender Nummern zu erschweren oder ihrem Motto (siehe oben) ein weiteres Mal treu zu bleiben und eine Dokumention zu verhindern. Auch beim Heimspiel gegen den FC Carl Zeiss Jena konnten wir bis auf wenige Ausnahmen gefühlt Verbesserungen beobachten.

Es ist müßig, erneut auf die Vorteile auch für den Polizeiapparat hinzuweisen, wenn alle eingesetzten Beamten individuell gekennzeichnet sind; aber einzelne renitente Beamte bieten uns so natürlich ein weiteres Argument. Welchen Grund sollte ein einzelner Beamter nun noch haben, sich der Kennzeichnung zu verweigern und somit die für ihn geltende Verwaltungsvorschrift zu ignorieren? Es kann nur sein, dass dieser Beamte vorhat, sich im Einsatz rechtswidrig zu verhalten und Angst davor hat, dabei erkannt und dafür belangt zu werden. Jeder Beamte und Bürger weiß, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. Das bedeutet, dass die Polizei in bestimmten Situationen physische Gewalt gegen Bürger einsetzen darf. Nur wenn dieser Einsatz der Gewalt unverhältnismäßig ist, muss ein Polizist Konsequenzen fürchten.

Insgesamt können wir feststellen, dass die praktische Umsetzung noch nicht abschließend gelungen ist, die Polizei MV aber auf einem richtigen Weg ist. Die einzelnen renitenten Beamten werden früher oder später den Dienst aufgeben müssen oder – so unser Wunsch – sich dem Willen des Gesetzgebers, der Vorgesetzten und schließlich der Bevölkerung beugen.

Bezüglich der Fragestellung, in wie weit die Verwaltungsvorschrift auch für in Mecklenburg-Vorpommern eingesetzte Beamte anderer Landespolizeien oder der Bundespolizei bindend ist, muss vorerst wohl akzeptiert werden, dass für die Kennzeichnung letztlich die Gesetzgebungskompetenz fehlt. Polizeibeamte anderer Bundesländer per Gesetz zu verpflichten, wird sich zudem in der Praxis nur schwer organisieren lassen. Im Zweifel werden andere Bundesländer ihre Polizisten nicht nach M-V entsenden, wenn auf eine Kennzeichnung gepocht wird und die Polizei Mecklenburg-Vorpommern stünde in einem solchen Falle vor Problemen.

Was dies in der Praxis für künftige Polizeieinsätze rund um die Heimpiele des F.C. Hansa bedeutet, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht voraussagen. Das Heimspiel gegen den 1. F.C. Magdeburg, bei welchem nicht gekennzeichnete Berliner Polizisten in den Umlauf der Südtribüne eindrangen und so maßgeblich zu einer Eskalation der Situation in der Halbzeitpause am Rolltor beitrugen, zeigte jedenfalls schon mal, wie es nicht sein sollte. Wird die Kennzeichnungspflicht dadurch ausgehebelt, dass in kritischen Situationen Beamte von Polizeien, die nicht dem Land Mecklenburg-Vorpommern unterstellt sind, eingesetzt werden, um im Zweifel die Strafverfolgung von Verfehlungen der Polizei zu erschweren, ist dies sicher weder im Sinne der seit Jahresbeginn geltenden Verwaltungsvorschrift, noch des Bürgers.

Hanseatische Grüße
Blau–Weiß–Rote Hilfe Rostock