…SKB, dein Freund und Helfer
Auch wenn der Fall bereits über ein Jahr zurückliegt, möchten wir ihn hiermit noch einmal für euch aufbereiten. Er ist in unseren Augen exemplarisch dafür, wie meist ein Betretungsverbot zustande kommt. Die Basis solcher Anordnungen ist häufig weit entfernt von einer „Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“, darum lohnt es sich in vielen Fällen dagegen vorzugehen.
Am 16.11.2011 fuhr der Betroffene zum Auswärtsspiel unserer Kogge nach Frankfurt. Als er mit seiner Reisegruppe nach dem Spiel zum Parkplatz zurückkehrte, bemerkte er, dass ihr Auto von der Polizei durchsucht wurde. Gefunden wurde nichts außer einer Sporttasche mit Sportbekleidung. Trotzdem mussten sich alle Mitfahrer einer Identitätsfeststellung unter-ziehen, danach durften sie abreisen. Soweit zum Vorspiel, weiteres lag gegen den Betroffenen an diesem Tag nicht vor.
Als das Rückspiel gegen Eintracht Frankfurt anstand, fand der Betroffene eine knappe Woche vor dem Spiel am 11.03.2012 ein Schreiben des Oberbürgermeisters von Rostock in seinem Briefkasten. Darin wurde ihm eröffnet, dass „nach Prüfung der Rechts- und Sachlage“ gegen ihn ein Aufenthaltsverbot für das gesamte Stadionumfeld in der Zeit von 10-19 Uhr ausgesprochen wird. Wie sah nun die Prüfung der Rechts- und Sachlage aus?
Der Betroffene wurde einige Male bei Massenidentitäsfeststellungen und Massen-ingewahrsamnahmen aufgeschrieben, dabei hielt er sich einmal in einer Gruppe Rostocker „Problemfans“ auf. Des Weiteren wurde die Identitätsfeststellung beim Hinspiel in Frankfurt als Grund herangezogen. Man hätte einen sogenannten „Zahnschutz“, der als „Passiv-bewaffung“ gilt, in seiner Sporttasche gefunden. Es stellte sich allerdings heraus, dass das Auto bereits vor dem Spiel durchsucht wurde und eben dieser Zahnschutz gefunden wurde. Das heißt, der Zahnschutz als Stein des Anstoßes, befand sich vor, während und nach dem Spiel im Fahrzeug. Er konnte also in dem Fall nicht als Passivbewaffnung für eine gewalttätige Auseinandersetzung vom Betroffenen mitgeführt worden sein. Die Erklärung, dass die Tasche immer im Auto wäre, weil er regelmäßig damit zum Sport fahren würde, reichte den Beamten nicht aus. Obwohl die anderen Gegenstände in der Sporttasche wie Schuhe, Sportkleidung und Duschutensilien durchaus zur Erklärung des Beschuldigten passten.
Bis dahin staunt man als Laie, wie man bei der Erkenntnislage zu der Einschätzung kommen kann, dass der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sei. Schließlich ist der Antragsteller weder vorbestraft, noch hat er jemals ein bundesweites Stadionverbot erhalten. Da er dem Schreiben des Oberbürgermeisters entnehmen konnte, dass die Polizei Rostock ihm einer gewaltbereiten Fangruppierung zurechnet, ahnte er wie es zu der Anordnung kam.
Er wandte sich telefonisch an das Büro des Oberbürgermeisters und fragte, wie man dort zu der Einschätzung, er wäre ein Sicherheitsrisiko, gekommen sei, schließlich läge gegen ihn nicht einmal ein Stadionverbot, geschweige denn eine Vorstrafe vor. Nach langem Hin und Her, ließ sich das Büro zu der Aussage hinreißen, dass sie auf Grund von Informationen szenekundiger Beamter (SKB) zu ihrer Einschätzung der Sachlage gekommen seien. Der Betroffene verwies weiterhin darauf, dass er langjähriges Vereinsmitglied, sowie direkter 3-2-1 Sponsor des F.C. Hansa Rostock sei. Am anderen Ende der Leitung entschuldigte man sich für die Unannehmlichkeiten, man könne jedoch auf Grund der Kürze der Zeit nichts mehr für ihn tun.
Dies ließ der Hansafan nicht auf sich sitzen, kontaktierte einen Rechtsanwalt, der die geschilderten Einsprüche einbrachte und bekam drei Tage vor dem Spiel ein weiteres Schreiben des Oberbürgermeisters. Nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage, werde das Aufenthaltsverbot gegen ihn aufgehoben, so konnte er dem Schreiben entnehmen. Scheinbar kann man sich nicht drauf verlassen, dass eine einzige Prüfung der Sach- und Rechtslage ausreicht, um zu einem angemessenen Ergebnis zu kommen.
Zum einen dokumentiert der Fall eindrücklich, dass es sich lohnt, gegen solche Anordnungen vorzugehen und dass dies auch ohne großen finanziellen und zeitlichen Aufwand möglich und erfolgreich ist. Zum Anderen zeigt sich in diesem Fall jedoch auch deutlich, dass einige Rostocker szenekundige Beamte scheinbar einen „Privatkrieg“ gegen einzelne Hansafans führen. Schließlich waren alle fragwürdigen Erkenntnisse der SKB bei wiederholter Prüfung der Sachlage plötzlich nicht mehr ausreichend, um ein Aufenthaltsverbot als verhältnismäßige Maßnahme nach sich zu ziehen. Fraglich ist weiterhin, wie SKB in Rostock generell zu ihren Erkenntnissen kommen. Die genannte, vermeintlich gewalttätige Fangruppe ist weder durch Gruppenkleidung erkennbar, noch existieren Mitgliederkarteien. V-Leute, deren Informationen spätestens seit den NSU-Pannen und dem gescheiterten NPD-Verbotsverfahren mit Vorsicht zu genießen sind, gibt es nach eigenen Angaben ebenso wenig. Der Verdacht einer Privatfehde ist somit in unseren Augen nicht von der Hand zu weisen. Scheinbar gehen einzelne SKB auf eigene Rechnung gegen bestimmte Hansafans vor und vernachlässigen dabei ihre eigentlichen Hauptaufgaben.
Was sind nun aber wirklich die Aufgaben szenekundiger Beamter? SKB wirken an den Spieltagsvorbesprechungen mit (Einstufung der Begegnung als Spiel mit beziehungsweise ohne erhöhtes Risiko, Koordinierung der Strategie etc.), sind während des gesamten Spieltages präsent und nehmen natürlich auch an den Nachbesprechungen teil, wobei sie bei den Besprechungen hierarchisch unter den Einsatzleitern und Polizeiführern anzusiedeln sind. Ebenso wirken sie an den Voraus- und Verlaufsberichten der Sicherheitsorgane mit. Somit stellen die SKB einen nicht unwesentlichen Faktor unter anderem in der Konstruktion von Gefahrenlagen dar.
Das Arbeitsfeld der SKB ist, wie man unschwer erkennen kann, allein auf Grund der personellen Kontinuität über Jahre enorm zeit- und arbeitsintensiv. Für ein effektives Vorgehen der Sicherheitsorgane kann gute SKB-Arbeit jedoch ungemein wertvoll sein. Doch im hier geschilderten Fall scheinen einzelne SKB ihr Arbeitsfeld selbst zu definieren. Personelle Kontinuität über Jahre, ohne die ein Beamter nicht als szenekundig bezeichnet werden kann, hat hier unter Umständen auch eine Kehrseite. So kann einem SKB ohne böse Absicht die nötige Distanz zu seinem Beruf abhanden kommen. Möglicherweise rückt dann, durch erhöhte psychische Belastung, das eigentliche Arbeitsfeld in den Hintergrund und man betrachtet Dinge nicht mehr unter professionellen, sondern unter persönlichen Gesichtspunkten.
Eine Dienstpraxis, die nicht mehr die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung als erste Priorität hat, ist in unseren Augen eine schlechte. Die Rostocker Polizei sollte dringend überdenken, ob SKB nicht besser betreut werden sollten, da sie scheinbar ihrer eigentlich wertvollen Arbeit nicht mehr gewachsen zu sein scheinen. Mit einer solchen Arbeitsethik stellen sie eher einen Eskalationsfaktor, als einen gefahrenabwehrenden Faktor dar. Im Sinne eines friedlichen Fußballs ist ein Miteinander auf Augenhöhe zwischen Polizei und Fans unabdingbar, darum fordern wir nachdrücklich an dieser Stelle nach zu justieren!