Protokoll: Vorkommnisse Darmstadt 98 – Hansa Rostock

Ohne Zwischenfälle kamen die Zugfahrer gegen 11:45 Uhr am Stadion am Böllenfalltor zum Auswärtsspiel unseres F.C. Hansa in Darmstadt an. Bis dahin war die Kommunikation mit der Polizei reibungslos. Nachdem die anderen Hansafans eingetroffen waren, enterte man entspannt den Block. Darmstadts Fanbetreuer befand sich seitdem bei seinen Rostocker Kollegen im Gästeblock.

Kurz nach Anpfiff des Spiels forderte die Polizei das Entfernen eines Banners, das den gelb gekennzeichneten Fluchtweg im Block versperrte. Daraufhin wurde das Banner schnell abgenommen. Gegen Mitte der ersten Halbzeit wurde das Entfernen eines weiteren Banners, das am Fluchttor hing, es aber nicht versperrte, gefordert. Da dieser Forderung nicht nachgekommen wurde, formierte sich kurz darauf vor dem Block eine behelmte Polizeieinheit. Über den danebenliegenden Pufferblock betrat eine weitere BFE-Einheit den Block und drohte zu stürmen, sollte das Banner nicht entfernt werden. Interessanter O-Ton eines Darmstädter Ordners:“Das Tor war noch nie auf, ich glaube das lässt sich gar nicht öffnen, jedenfalls weiß ich nicht ob dafür überhaupt jemand einen Schlüssel hat.“ Daraufhin passierte eine ganze Weile nichts, das Banner blieb am Tor und die Polizei im Block. Auf weitere Nachfrage war plötzlich der Tisch, auf dem sich der Rostocker Vorsänger positioniert hatte, ein Problem für die Herren in Grün. Obwohl der Caterer ihn freiwillig zur Verfügung gestellt und dies auch gegenüber der Polizei bestätigt hatte, forderten diese die sofortige Herausgabe des Tisches, da es sich in ihren Augen um einen Raub handeln würde. Als dieser vermeintliche Grund für den Blocksturm auch ausgeräumt werden konnte, hieß es von Seiten der Polizei plötzlich, dass ein anderes Banner, das am Zaun zum Pufferblock hing, ihre Sicht in den Block versperren würde. Das Banner sollte nun ebenfalls entfernt werden.

Interessanterweise lief die Kommunikation nach dem Schema „Stille Post“. Obwohl sich Hansafans und Polizei die ganze Zeit gegenüberstanden, wurden die Forderungen stets in Richtung der Darmstädter Vereinsführung gestellt. Diese wandte sich an ihren Fanbetreuer, der im Gästeblock stand. Der sprach wiederum mit Vertretern des Fanprojekts und der Blau-Weiß-Roten Hilfe. Nur auf Grund des Einsatzes der Darmstädter Vereinsführung, die auf ihr Hausrecht pochte, konnte der Blocksturm verhindert werden.

Beim Verlassen des Stadions wurde ein einzelner Hansafan gezielt durch BFE-Einheiten aus einer großen Fangruppe herausgezogen und festgenommen. Daraufhin kam es zu ersten Rangeleien, die sich jedoch relativ schnell wieder auflösten. Nach Auskunft eines Zug/Truppenführers der BFE-Einheit, ging es ihnen nur um diese eine Person. Die Situation beruhigte sich schnell.

Die Fanmassen gingen weiter und befanden sich kurz danach auf einem Trampelpfad, in einem kurzen Waldstück in Richtung der Shuttlebusse, als ohne ersichtlichen Grund und Vorwarnung eine Pferdestaffel in die Hansafans hineinritt. Wegen des Zaunes, der den Waldweg flankierte, gab es keine Möglichkeit den Pferden auszuweichen. In dem buntgemischten Haufen Hansafans befanden sich auch viele Frauen und Kinder. Der erwähnte Zug/Truppenführer gestand auf Nachfrage, dass er diese Maßnahme nicht verstehe und sie für unverhältnismäßig halte. Angeblich wurde die Aktion der Reiterstaffel weder mit ihm abgesprochen, noch hätte er sie angeordnet.

Diese Aktion ließ die Situation endgültig kippen. Der Unmut der Hansafans, der sich in Flaschen- und Holzknüppelwürfen äußerte, wurde mit einem massiven Einsatz aller Einheiten im unmittelbaren Umfeld beantwortet. Pfefferspray wurde an diesem Tag nur recht selten eingesetzt, vielmehr kam es zum Einsatz von Faust- und Schlagstockhieben. Hansafans, die Verfehlungen, wie Faust- und Knüppelschläge auf den Kopf (!), der Beamten gefilmt hatten, wurden gezielt festgenommen, mussten die Aufnahmen löschen und konnten danach wieder gehen. Die Zugfahrer weigerten sich in die Shuttlebusse zu steigen und bewegten sich erst als alle Festgenommenen wieder frei waren in Richtung Bahnhof.

Auf dem Bahnhof Darmstadt-Nord wurden die Zugfahrer, die auf der Promenade auf den Zug warten wollten, die Treppe zum Bahnsteig hinunter geprügelt. „Begründung“: Sie hätten sich geweigert in den Zug zu steigen. Das dieser Zug erst 20 Minuten nach der Aktion in den Bahnhof einrollte, interessierte die Beamten nicht. Auf Nachfrage nach Dienstnummern von einzelnen Beamten, gab es eine der gewohnten Antworten: „In Hessen haben wir keine Dienstnummern.“ Einem Hansafan gelang es trotzdem die Herausgabe einer Dienstnummer zu erreichen. Dafür sollte er sich allerdings einer Maßnahme unterziehen. Halbnackt musste er auf dem Bahnsteig stehend dabei zusehen, wie die Beamten seine Sachen durchsuchten. Während der Maßnahme wurde ihm bereits gedroht, er könne mit einer Anzeige wegen falscher Verdächtigung rechnen. Als die Maßnahme beendet war, stiegen die Hansafans in den Zug und fuhren nach Hause.

Nach derzeitigem Stand existiert eine Vielzahl von Aufnahmen polizeilicher Verfehlungen, bzw. Straftaten. Einzelne Beamte sind auf Grund von Vermummung und fehlender Kennzeichnung jedoch nicht zu identifizieren. Die von uns bereits thematisierte Problematik einer nicht vorhandenen polizeilichen Kennzeichnungspflicht in Deutschland lässt herzlichst grüßen.