Nach dem Auswärtsspiel des F.C. Hansa Rostock beim SV Elversberg am vergangenen Samstag kam es am Gästeblock des Saarbrücker Ludwigsparkstadions zu einem fragwürdigen und unverhältnismäßigen Polizeieinsatz. Die Polizei schloss ohne Ankündigung oder erkennbaren Grund die Tore des Stadionausgangs und sperrte abreisen wollende Hansafans für etwa eine halbe Stunde ein.
„Der im Rahmen einer Pressemitteilung durch die Polizei behauptete Anlass der Maßnahme, dass der Gästeblock vorzeitig verlassen worden sei, um Auseinandersetzungen mit in der Nähe wartenden Saarbrücker Fans zu suchen, entbehrt jeglicher Grundlage. Ebenso die Behauptung, dass es nur zu einer kurzen Verzögerung bei der Toreöffnung gekommen sei. Die Einsatzleitung entschuldigte sich vor Ort vielmehr mittels Lautsprecherdurchsage sowie in persönlichen Gesprächen mit aufgebrachten Fanvertretern dafür, trotz Ankündigung, die Tore in zwei Minuten zu öffnen, wesentlich mehr Zeit verstreichen und Gewalt gegen anwesende Hansafans eingesetzt zu haben“, kritisiert ein Sprecher der Blau-Weiß-Roten Hilfe Rostock die widersprüchliche Einordnung der Geschehnisse durch Einsatzkräfte der Polizei und deren Presseabteilung im Nachgang der Partie.
Der Gästeblock wurde laut Augenzeugenberichten aufgrund mehr als zehnminütiger Nachspielzeit und darin noch erzielter Ausgleichs- sowie Siegtreffer nicht vorzeitig, sondern äußerst spät verlassen. Als die Hansafans den Heimweg antreten wollten, fanden sie sich vor verschlossenen Toren und im Angesicht einer teilweise vermummten sowie behelmten Polizeieinheit wieder. Trotz des Umstands, dass gleich zu Beginn der Maßnahme seitens anwesender Fans friedlich das Gespräch mit Polizeibeamten gesucht, nach dem Grund der Maßnahme gefragt und darauf hingewiesen wurde, dass eine Vielzahl von Fans zeitnah Züge erreichen müsse, blieben die Tore weiterhin verschlossen. Durch Lautsprecheransagen der Polizei wurde mitgeteilt, dass geplant sei, alle Fans gemeinsam zum Hauptbahnhof zu bringen. Ein Grund für die massive Einschränkung der Bewegungsfreiheit wurde dabei nicht benannt. Stattdessen wurde nach 15 bis 20 Minuten Wartezeit verkündet, dass man in zwei Minuten die Tore öffnen und loslaufen wolle. Es verging stattdessen jedoch abermals viel mehr Zeit, bis der Fußweg gen Hauptbahnhof angetreten und die abfahrenden Züge gerade noch so erreicht werden konnten.
„Aus unserer Sicht darf bei der Bewertung der Geschehnisse nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich offenkundig um keine spontane Maßnahme handelte, da die anwesenden Elversberger Heimfans vor den Augen der eingesperrten Gästefans im Rahmen einer mutmaßlich auf Fantrennung bedachten Idee die Anhöhe zur Straße hinuntergingen. Nach unseren Erkenntnissen wurde jedoch weder im Vorfeld der Partie, etwa in Sicherheitsgesprächen, noch während des Spiels durch eine Stadiondurchsage oder Ähnliches auf die bevorstehende Maßnahme hingewiesen. In Sachen Kommunikation muss der Polizei daher Vollversagen attestiert werden – nicht nur wegen der falschen Darstellung der Geschehnisse in der Öffentlichkeit im Nachgang. Aufeinandertreffen mit Saarbrücker Fans, wie seitens der Polizei dargestellt, konnten zumindest alle in der Kürze der Zeit befragten Gästefans nicht bestätigen. Ebenso bleibt angesichts der Geschehnisse im Nachgang des Spiels äußerst fraglich, inwieweit Polizeibeamte dabei in der Tat verletzt worden sind und wenn, nicht das massiv eingesetzte Pfefferspray durch sie selbst der tatsächliche Grund dafür ist. In unseren Augen zeigt sich erneut deutlich, aus welchem Grunde die Polizei als Organ der Exekutive nicht gleichzeitig als Medium auftreten darf. Die aus gutem Grunde für so wichtig erachtete Gewaltenteilung wird durch die parteiische Berichterstattung der Polizei vollkommen ausgehebelt. Die einzigen jedenfalls, die am Samstag für das Vermiesen von Spaß am Fußball verantwortlich sind, wie es der saarländische Innenminister anscheinend ohne wirkliche Kenntnis der Lage kommentierte, sind aus unserer Sicht die völlig überforderten Polizisten gewesen“, so der Sprecher der BWRH abschließend.
Rostock, den 07.08.2023