Hansafan Pierre mundtot gemacht

Hallo Hansafans,

wir erinnern uns an unser letztes mit Zuschauern ausgetragenes Auswärtsspiel bei Preußen Münster an einem regnerischen Montagabend Anfang März 2020.

Kurz zuvor war den Fans von Borussia Dortmund vom Sportgericht des Deutschen Fußballbundes das Begleiten ihrer Mannschaft nach Hoffenheim in den nächsten beiden Spielzeiten verboten worden. Sie hatten Dietmar Hopp bei vergangenen Spielen in Sinsheim als Symbol des überkommerzialisierten Fußballs auf Spruchbändern und Transparenten wiederholt persönlich kritisiert. Was auf diese kollektive Einschränkung der im Grundgesetz verankerten freien Meinungsäußerung durch den DFB folgte, waren Proteste von Fußballfans in nahezu allen deutschen Fußballstadien von der 1. bis zu den Amateurligen. Vermutlich gerade vor dem Hintergrund dessen, dass der DFB sich zuvor öffentlich vom Verhängen von Kollektivstrafen verabschiedet haben wollte, fiel die Kritik in Form von Gesängen, Spruchbändern und Transparenten so massiv aus.

Wie viele andere Hansafans auch, reiste BWRH-Mitglied Pierre Plattfisch (Name geändert) an diesem Montag mit der Kogge nach Münster. Nicht wie sonst, um Hansa lautstark nach vorne zu schreien, sondern vielmehr um gegen Montagsspiele und den DFB zu protestieren und so seine Meinung als regelmäßiger Stadiongänger frei zu äußern.

Beim Eintreffen am Gästeblock wurden zunächst Pfeifen an alle mitgereisten Hansafans für den geplanten akustischen Protest gegen Montagsspiele verteilt. Die Polizei verhielt sich ruhig und zurückhaltend. Als die Hansafans das Preußenstadion betreten wollten, wurde einigen der Zutritt mit mitgebrachten Tapeten verwehrt. Es folgten diverse Diskussionen, schlussendlich machten sich aber zwei Hansafans auf den Weg zum Parkplatz, um die Tapeten zurück in die Autos zu bringen, nachdem klar wurde, dass sie nicht mit ins Stadion gebracht werden könnten. In diesem Moment versetzten sich mit Mal alle Polizisten in Bewegung. Sie verteilten sich ruhig und zielgerichtet auf dem Gästeparkplatz. Auffällig unauffällig blickten die Beamten in Richtung der beiden Hansafans, die die Tapeten mit sich führten. Zwei Polizisten gingen dann dem Anschein nach recht wahllos und unkoordiniert zu einem der beiden Hansafans, der zwischen einigen Autos stand und teilten ihm folgendes mit: „Wir wollen jetzt die Tapete haben. Diese ist konfisziert und kann nach dem Spiel wieder abgeholt werden.“ Daraufhin fragten die umstehenden Hansafans nach dem Grund der beabsichtigten Beschlagnahmung. Einer der beiden Polizisten entgegnete: „Aufgrund einer versuchten konstruierten Beleidigung ist diese Tapete nun beschlagnahmt!“

Es entstand eine größere Traube an Hansafans und Polizisten direkt auf dem Parkplatz. Schlagartig änderte sich das ruhige Verhalten der Polizei. Die Beamten traten nun äußerst aggressiv auf und formierten sich zu einer Reihe. Überdies provozierten sie in den Gesprächen mit den Hansafans , indem sie etwa Aussagen belächelten oder Grimassen schnitten. Pierre Plattfisch traf in den nun aufgeheizteren Diskussionen mit der Polizei die Aussage, „Dann schlagen Sie doch zu!“. Auch wenn dies natürlich nicht dazu berechtigte, bekam er einen Schlag eines Polizisten direkt in sein Gesicht. Es entwickelten sich weitere Handgemenge und erst ab diesem Zeitpunkt begann die sonst omnipräsente Videoüberwachung der Polizei. Ein Hansafan wurde festgenommen. Im weiteren Verlauf beruhigte sich die Situation, sodass die Hansafans den Weg zum Stadioneingang antraten. Der zuvor zuschlagende Polizeibeamte war dem Anschein nach noch nicht seiner Taten befriedigt und hielt die Hansafans beim Tor zwischen Auto- und Busparkplatz erneut auf. Es solle zu einer Beleidigung gekommen sein, weshalb er von einem weiteren Hansafan die Personalien aufnahm. Auf dem Weg zum Einsatzwagen fielen vom besagten Beamten lächelnd die Worte in Richtung eines seiner Kollegen: „Ja super, wir haben noch einen. Das passt dann ja jetzt.“ Im Anschluss betraten die Hansafans ohne weitere Zwischenfälle das Stadion und sahen eine enttäuschende Niederlage ihrer Mannschaft, bevor sie sich wieder auf die Heimreise machten.

Nur ein paar Wochen später fand Pierre Plattfisch eine Einladung der Polizei zur Beschuldigtenvernehmung in seinem Postkasten. Der Vorwurf lautete Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Dieser Einladung folgte er sinnvollerweise nicht. Anfang Mai erhielt Pierre dann ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, nach welchem die Strafverfolgung gegen ihn mit Auflage eines Geldbetrages in Höhe von 200 Euro nach § 153 des Strafgesetzbuches eingestellt werden würde. Auf Anraten seines Rechtsanwaltes kam er der Auflage nach und das Verfahren wurde eingestellt.

Eine „versuchte konstruierte Beleidigung“, die nach Auffassung der Polizisten in Münster der Ausgangspunkt gewesen sein soll, existiert rechtlich natürlich nicht. Da es in derlei Konstellationen für Fußballfans in Deutschland momentan jedoch kaum Sinn macht, juristisch gegen polizeiliches Fehlverhalten anzugehen, wurde gegen Pierre schlussendlich nicht nur von einem Polizeibeamten Körperverletzung begangen. Absurderweise musste er auch noch finanziell draufzahlen. Schließlich zeigt sich sehr deutlich an Pierre´s Fall, dass die im deutschen Grundgesetz verankerte freie Meinungsäußerung nicht in deutschen Fußballstadien gilt. Dass sie nicht nur vom DFB, sondern auch von der Polizei eingeschränkt wird, obwohl es eigentlich deren Aufgabe ist, das Grundgesetz zu verteidigen, zeigt wessen Geistes Kind beide Akteure im Jahre 2020 sind.

Hanseatische Grüße,

Blau-Weiß-Rote Hilfe Rostock