Hallo Hansafans,
vor ein paar Monaten gingen Hansafan und BWRH-Mitglied Willi Wolgazander (Name von der Redaktion geändert) und sein Anwalt zur Verhandlung am Amtsgericht Rostock. Vorgeworfen wurde Willi nach dem Heimspiel gegen Wismut Aue einen Polizisten beleidigt und Widerstand geleistet zu haben. Willi soll zu einem, der Blau-Weiß-Roten Hilfe nicht zum ersten Mal aufgefallenen Beamten, „Halt die Fresse“ gesagt haben.
Konkret ging es um eine Absperrung an einer bekannten Rostocker Diskothek in der Nähe des Ostseestadions, die dafür gesorgt hatte, dass die Autos nicht wegfahren konnten. Willi war damit nicht einverstanden und hatte es ohnehin eilig. Er begann damit, seinen Unmut laut kundzutun. Der Polizeibeamte kam daraufhin auf ihn zu.
Bis zu diesem Punkt gab es bei den Berichten Willis und der Polizei keine nennenswerten Abweichungen.
Willis Gedächtnisprotokoll beschrieb die daran anschließenden Geschehnisse wie folgt: Der Polizeibeamte kam auf ihn zu. Willi fragte „Was willst Du“, breitete seine Arme aus und spannte den Nacken. Letzteres wurde später von mehreren Beamten als versuchter Kopfstoß beschrieben. Der Polizist kam, stieß sein Knie in die Magengegend von Willi und brachte ihn zu Boden. Am Boden liegend wurde Willi gefesselt. Der Polizeibeamte nahm Willis Kopf und schlug ihn zweimal auf den Betonboden. Dadurch erlitt dieser eine Schwellung über dem linken Auge, Abschürfungen an der Stirn, der Wange und der Lippe. Das linke Auge wurde – passend zum Gegner des damaligen Spieltages – ein schönes Veilchen. Die Verletzungen wurden vor Ort durch die Polizei dokumentiert.
Nachdem die Anzeige in gewohnt professioneller und nichts dem Zufall überlassender Manier von drei Beamten gleichzeitig geschrieben oder womöglich eher erarbeitet worden war und diese dies mit ihrer Unterschrift sogar noch gekonnt staatsmännisch dokumentiert hatten, sagte der am Spieltag zuvorderst involvierte Polizeibeamte vor Gericht wie folgt aus: Er habe versucht Willi zu beruhigen, was nicht gelungen sei. Es sei zur Beleidigung „Halt die Fresse!“ gekommen. Er habe Willi zur Seite führen wollen – warum eigentlich?! fragt sich der aufmerksame Leser – um ihm sein Fehlverhalten zu erläutern. Dazu habe er den Arm von Willi ergriffen. Dieser habe seine Hand weggeschlagen und ihn geschubst. Daraufhin habe der Beamte Willi mittels sogenannten „Körperabbiegens“ zu Boden gebracht. Dabei griff er mit der Hand in Willis Gesicht und bog den Kopf nach hinten – der Körper folgte und Willi ging zu Boden. Dabei muss Willi irgendwie – wie konnte sich der Polizeibeamte bis zum Verhandlungstag mysteriöserweise nicht erklären – Bodenkontakt gehabt und sich dabei die Verletzungen zugezogen haben.
Der mit der Blau-Weiß-Roten Hilfe zusammenarbeitende und in Verfahren im Fußballkontext erfahrene Strafverteidiger Willis hatte bereits im Ermittlungsverfahren darauf hingewiesen, dass ein Widerstand nicht stattgefunden habe, weil ein Polizist nicht einfach so eine Person anfassen dürfe. Die angebliche Beleidigung habe zudem nicht mal der Polizeikollege gehört, der drei Meter neben ihm gestanden habe.
Noch vor Beginn der eigentlichen Verhandlung hatte die mit Willis Verfahren betraute Staatsanwältin erklärt, dass er alles zugeben solle und dann bekäme er eine Geldstrafe und gut sei die Sache. Es gebe keine Einstellungen mehr beim Fußball und Straftaten gegen Polizeibeamte, hatte sie weiter ausgeführt. Was das bedeutet, kennen Hansafans ohnehin bereits zur Genüge – scheinen im Fußballkontext noch jegliche Kleinigkeiten oder Absurditäten angeklagt bzw. teilweise bestraft zu werden, die unter anderen Vorzeichen gar nicht erst zur Anklage gebracht werden würden. Willis Anwalt hatte erläutert, dass es ein Geständnis nicht geben werde und nochmals beschrieben, was vorgefallen war. Sie hatte daraufhin entgegnet, dass sie das nicht mehr hören könne – immer sollen die Beamten Schuld sein.
Ganz anders der Richter. Dieser eröffnete, dass man vielleicht erstmal so über die Sache reden könne und es zeichnete sich ab, dass er sich eine Einstellung vorstellen könnte – ein diplomatisch ausgedrückt ungewöhnlicher Vorschlag, angesichts dieser Vorzeichen. Plötzlich zeigte sich auch die Staatsanwältin verständnisvoll und gesprächsbereit. Sie würde sich ja nicht hinsetzen und sofort eine Strafe verlangen, aber bei derlei Vorkommnissen müsse sie erstmal anklagen. In der Hauptverhandlung würde man dann ja sehen, was dran sei.
Was Willi auf der einen, der Polizeibeamte auf der anderen Seite berichteten, wurde bereits beschrieben. Es kam also zu keinem Geständnis. Das Verfahren wurde dennoch gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung von 200 € an die Rostocker Tafel eingestellt.
Den anwesenden Polizeibeamten war ihre Unzufriedenheit mit dem Urteil sichtlich anzumerken. Der zuvorderst involvierte Beamte blieb trotz deutschlandweit bekannter Überlastung der Polizeikräfte selbstlos im Saal und wartete, bis Willi und sein Verteidiger diesen verlassen hatten, um nochmal das Gespräch mit dem Richter zu suchen.
Hanseatische Grüße
Blau-Weiß-Rote Hilfe Rostock