Kommentar zur Pressemitteilung der Metronom Eisenbahngesellschaft mbH vom 24. April 2015

Hallo Hansafans,

mit Erstaunen haben wir die Pressemitteilung der Metronom Eisenbahngesellschaft mbH vom Freitag, den 24. April 2015, gelesen. Da eine Meldung der dpa zur Pressemitteilung, bzw. mehrere Internetportale und Zeitungen auch Fans des F.C. Hansa Rostock in diesem Zusammenhang erwähnten, sehen wir uns als Interessenvertretung einer Vielzahl von Hansafans dazu veranlasst, hierzu Stellung zu beziehen.

In ihrer Mitteilung schreibt die Metronom Eisenbahngesellschaft, dass sie sich aufgrund zunehmender Probleme mit „Fußballchaoten“ in den letzten Jahren dazu veranlasst sähen, „risikobehafteten Fangruppen“ die Mitfahrt, bzw. schon das Einsteigen in ihre Züge in Zukunft verwehren zu wollen. Auslöser sei die nahezu vollkommene Zerstörung mehrerer Zugwagen durch randalierende Fußballfans, darunter „ca. 300 sogenannte Ultras“, am 29. Spieltag der 1. Bundesliga auf der An- und Abreise zum Spiel Werder Bremen – Hamburger SV (19. April 2015).

So groß die verursachten Schäden auch gewesen sein mögen, können wir uns nicht erklären, warum in diesem Zusammenhang auch die Rede von einem Mitreiseverbot für Hansafans, bzw. in den Medien von einem Verbot für Ultras des FCH ist. Wir können uns nicht erinnern, dass Hansafans in den letzten Jahren für Verwüstungen oder größere Schäden in Zügen der Metronom Eisenbahngesellschaft verantwortlich waren. Eine explizite Erwähnung verbietet sich daher und wir kritisieren diese deutlich.

Doch auch generell halten wir die angedachten Maßnahmen für rechtlich schwer haltbar. Selbst wenn man sich beim Mitreiseverbot auf sein Hausrecht beruft, bleibt der Unterschied zum Nachtklub oder einer Diskothek, dass Unternehmen des öffentlichen Personennah- und Fernverkehrs einer Beförderungspflicht unterliegen, die im Personenbeförderungsgesetz fixiert ist. Dies bedeutet, ihnen ist verboten, Einzelpersonen und Personengruppen ohne vorheriges Fehlverhalten von der Mitreise auszuschließen. Dies käme einer Sippenhaft gleich und steht im krassen Widerspruch zur Unschuldsvermutung, welche als rechtsstaatlicher Grundsatz auch für Privatunternehmen gilt. Wie der Geschäftsführer der Metronom mbH, Jan Görnemann, zu seinen Aussagen kommt, zumal er, wie in der Pressemitteilung offen erwähnt wird, „natürlich auch die Beförderungspflicht öffentlicher Verkehrsunternehmen in Deutschland kennt“, bleibt uns schleierhaft.

Ebenso schleierhaft bleibt, wie das Prozedere dann in der Praxis aussehen soll. Wie ein Sprecher der Eisenbahngesellschaft am Freitag meldete, solle die Polizei die vermeintlich gewaltbereiten Fußballfans vor dem Fahrtantritt identifizieren und ihnen den Zutritt zu den Zügen des Unternehmens verwehren. „Tue sie es nicht, sollen die Metronom-Züge künftig gar nicht in den Bahnhof einfahren und die Züge im Zweifel ausfallen.“ Wie und anhand welcher Kriterien Fußballfans als gewaltbereit oder Ultras identifiziert werden sollen, bleibt im Dunkeln und Willkür scheint vorprogrammiert. Die Polizei wird von Metronom in die Pflicht genommen, bei Gruppen von teilweise bis zu mehreren Hundert Personen zu prognostizieren, wer aus der Gruppe potenziell zerstörungswütig ist. Wie sie das gerecht leisten soll, bleibt offen. Dass sie in diesem Fall allerdings geltendes Recht durchsetzt und das Unternehmen Metronom daran hindert, willkürlich Personengruppen auszuschließen, halten wir aufgrund unserer Erfahrungen mit Polizeistrategien auf Bahnhöfen und anderen Anreisewegen zu Fußballspielen für unwahrscheinlich. Zudem dürfte es wohl kaum im Interesse der Bundespolizei liegen, wenn mehrere hundert Fußballfans bei An-und Abreisen über Stunden auf Bahnhöfen festgesetzt werden.

Die Einstellung der Metronom Eisenbahngesellschaft zur Zusammenarbeit mit der Polizei erscheint zudem widersprüchlich und je davon abhängig, wie es dem Unternehmen gerade passt. Relativ zu Beginn der Pressemitteilung heißt es: „Mit einer guten Sicherheits-Strategie, abgestimmt auf das Einsatzkonzept der Bundespolizei, konnte Metronom die meisten Spiele und deren Fans bisher bewältigen.“ An anderer Stelle dann aber: „Die Strategie der Bundespolizei und der Sicherheitskräfte am Bahnsteig (DB Konzernsicherheit) hat an diesem Wochenende leider wieder versagt.“ oder „Wir fordern daher die Bundespolizei auf, ihren hoheitlichen Aufgaben auch nachzukommen und andere Reisende und Mitarbeiter zu schützen. Dies tat sie am Sonntag leider wieder nicht. Es gibt viele weitere Beispiele aus vielen Jahren…“

Vollkommen absurd wird es, wenn sich das Unternehmen dazu aufschwingt, darüber zu urteilen, ob Fußballvereine sich an den Kosten für Polizeieinsätze im Zusammenhang mit Fußballspielen beteiligen sollten oder nicht. Ähnlich verhält es sich bei der Forderung nach Meldeauflagen für „Extrem- und Wiederholungstäter“, der Einschätzung, dass Stadionverbote „ein effektives Mittel“ seien, um Personen daran zu hindern, den „Anlass der Vereine zu missbrauchen, um Sachwerte Dritter zu zerstören oder andere Menschen zu belästigen“ oder der Aufforderung an die Datenschutzbeauftragten der Bundesländer die Installierung von Videoaufzeichnung in den Zügen nicht weiter zu behindern, welche in ihren Augen eine „wirkungsvolle Maßnahme“ sei.

Auch ein Unternehmen soll seine Meinung zu jeglichem Thema kundtun dürfen, ob diese dann allerdings fundiert ist oder nur privat-wirtschaftlichen Interessen folgt, sollte dabei stets hinterfragt werden.
Faktisch nicht richtig, bzw. zumindest umstritten sind die populistischen Forderungen in unseren Augen allemal, egal ob diese aus Politik, Wirtschaft oder sonstigen Bereichen kommen. Wie allerdings Stadionverbote dazu beitragen sollen, Fußballfans daran zu hindern, in Zügen zu randalieren – dieses Rätsel würden wir tatsächlich äußerst gerne von den Damen und Herren der Metronom Eisenbahngesellschaft gelöst bekommen.

Entschieden widersprechen möchten wir zuletzt, wenn es in der Pressemitteilung heißt, dass das Thema Sachbeschädigungen durch Fußballfans ein „Schattendasein“ führe und aus der „gesellschaftlichen Akzeptanz“ geholt werden müsse. Wer in den letzten Jahren auch nur halb aufmerksam die Nachrichten verfolgt hat, kann eben dies ganz entschieden von der Hand weisen. Nur auf wenigen Themen lastet hierzulande ein ähnlicher medialer Druck, was dazu führt, dass nahezu jeder Vorfall, generell rund um das Thema „Fangewalt“ und „Ausschreitungen“ im Umfeld von Fußballspielen, umgehend thematisiert wird.

Auch als Antwort auf die Pressemitteilung vom 26. April 2015, in welcher behauptet wird, „die Reaktion der Fahrgäste war eindeutig – mehr als 90% stimmten den angekündigten Maßnahmen zu. Die Gewerkschaft der Polizei, die LNVG als Aufgabenträger, der Fahrgastverband ProBahn und auch der Fanbeauftragte des HSV unterstützen die Initiative“, möchte sich dieser Kommentar verstehen.

Die Blau-Weiß-Rote Hilfe Rostock, als Interessenvertretung vieler Hansafans, stimmt den angekündigten Maßnahmen der Metronom mbH entschieden nicht(!) zu. Während man von den Polizeigewerkschaften mittlerweile nichts anderes mehr erwartet, fragen wir uns, wie sich der Fanbeauftragte des Hamburger SV als Vereinsbeauftragter für Faninteressen ernsthaft dazu hinreißen lassen kann, die Ankündigungen öffentlich abzunicken. Möglicherweise befindet auch er sich im Abstiegskampf.
Anstatt so viel über den Ausschluss nachzudenken, wäre es zielführender, dem überhöhten Fahrgastaufkommen mit mehr zur Verfügung gestellten Sonderzügen zu begegnen. Trotz der eigentlichen Übereinkunft von Bahn, Polizei, Vereinen und Fans, dass es sich dabei um ein probates Mittel handelt, werden die Möglichkeiten zur Umsetzung von Sonderzügen nämlich ärgerlicherweise zurückgefahren.

Blau-Weiß-Rote Hilfe Rostock